"Mama, du hast gar kein Baby im Bauch"
Aktualisiert: 2. Mai
Wenn das Geschwisterkind durch eine erneute Schwangerschaft ängstlich, verunsichert
und wütend reagiert.
Liebe Mama,

es ist völlig normal, wenn dein Kind nach der Nachricht, dass du ein Baby im Bauch hast, Angst, Verunsicherung und Wut empfindet. Es ist wichtig, dass du deinem Kind die Unterstützung gibst, die es braucht, um seine Gefühle zu verstehen. In diesem Blogpost möchte ich dir einen Einblick geben, wie es bei uns war, als wir unserer Tochter von ihrer kleinen Schwester in meinem Bauch erzählt und sie in ihren Gefühlen begleitet haben.
“Mama, du hast gar kein Baby im Bauch”
Bääähm, da war der Satz, der mich für einen kurzen Moment komplett aus der Fassung brachte. So schön und wundervoll es war, nach einer Fehlgeburt so schnell wieder schwanger geworden zu sein, so sensibel und ängstlich war ich doch selbst. Der Verlust war so unheimlich schwer und hielt die Freude über unsere kleine Maus in meinem Bauch lange bedeckt.
Das Gefühl von einem Baby im Bauch zu keinem Baby im Bauch kannte ich zu gut. Der Satz unserer Tochter riss die noch so frische Wunde wieder auf.
Ob ich unsere Tochter dies spüren ließ?
Selbstverständlich nicht, denn wir hatten uns bewusst dazu entschieden, ihr von dem vorherigen Verlust erst einmal nichts zu erzählen. Außerdem ist sie nicht für meine Gefühle verantwortlich.
Da war sie nun also: Die blanke Wut unserer Tochter.
Ich atmete ein paar Sekunden durch und versetzte mich in ihre Lage:
“Was bedeutet es eigentlich ein Baby im Bauch zu haben?”
“Wie kann da was in Mamas Bauch sein?”
“Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll."
“Es macht mir Angst, obwohl ich Babys doch so toll finde.”
“Was passiert da eigentlich mit Mama?”
“Hilfe, das ist mir alles zu viel.”
Ich begab mich auf Augenhöhe, öffnete meine Arme, lächelte sie sanft an und fragte:
“Mein Schatz, fühlst du dich unsicher, weil du das Baby nicht sehen kannst?”
Sofort sah ich, wie sich ihr kleiner Körper entspannte, die Wut aus ihren Augen wich und sie mich ansah.
“Ja, Mama”
Sie kam in meine Arme und wir redeten über ihre Angst und dass ich sie verstehen kann. Nachdem sie sich wieder völlig entspannen konnte, ließen wir das Thema Baby für den Moment ruhen und begannen zu spielen.
Warum reagiert ein Geschwisterkind eigentlich manchmal so ängstlich, verunsichert und wütend?
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Geschwisterkinder ängstlich, verunsichert und wütend reagieren, sich ein weiteres, kleines Wunder ankündigt. Vielleicht hat dein Kind Angst, dass es nicht mehr genug Liebe und Aufmerksamkeit bekommt oder dass sich alles verändern wird. Vielleicht fühlt es sich auch unsicher, weil es nicht genau weiß, was eine Schwangerschaft für dich, Mama, und auch für es selbst, bedeutet. Die Gründe können ganz unterschiedlich sein...
Wie du mit einer solchen Situation umgehen kannst
Es ist wichtig, dass du dein Kind in dieser Situation mit all seinen Gefühlen wahr- und annimmst, denn Kinder brauchen Sicherheit, um sich wohl und geborgen zu fühlen. Zeig deinem Kind, dass du es immer gleich lieb hast und haben wirst, auch wenn sich nun bald viel für euch verändert. Nehmt euch Exklusivzeit und beantworte alle Fragen, die dein Kind hat. Zeige ihm, dass es weiterhin eine wichtige Rolle in der Familie spielt und dass es die Liebe zu sich nicht teilen muss. Beschönige den Einzug eines Geschwisterchens aber auch nicht. Babys weinen, da sie so mitteilen, was sie brauchen, du wirst dich nach der Geburt viel ausruhen und das Geschwisterlichen wird ganz viel Nähe und Zuwendung benötigen. Du kannst deinem Kind hier jedoch versichern, dass du es so gut wie möglich einbeziehst.
Sätze, die ich unserer Tochter in den letzten Monaten in diesem Zusammenhang ganz oft gesagt habe:
“Ich habe dich immer gleich lieb, denn weißt du was? Ein Herz ist mega cool. Es merkt, wenn ein Geschwisterchen in die Familie kommt und liebt alle Menschen in dieser Familie gleich doll. Liebe kann sich vergrößern.”
Sicher wirst du dein Kind nicht jedes Mal so schnell beruhigen können, denn so starke Gefühle lösen sich nicht einfach in Luft auf. Das muss auch nicht sein, denn alle Gefühle sind ok und haben ihre Daseinsberechtigung.
Wenn du dein Kind in jeder Situation mit all seinen Gefühlen siehst und annimmst, fühlt es sich ernst genommen und spürt, dass es sich jederzeit öffnen kann. Dies stärkt eure Verbindung zueinander, aber auch die Verbindung zum Geschwisterchen.
Wo Ängste abgebaut werden können, ist Platz für Liebe. :)
Wie wir unsere Tochter eingebunden haben
Über gemeinsame Gespräche hinaus, haben wir unsere Tochter ganz in ihrem Tempo gehen lassen. Wir haben die erneute Schwangerschaft für uns als Paar genossen und genießen sie auch weiterhin ;), haben aber nicht den Fokus darauf gelegt. Wir haben gewartet, bis sie uns Fragen zum Baby gestellt hat, aber auch angeboten beim Bauch eincremen mitzuhelfen. Mal hat sie es angenommen, mal wollte sie nicht. Das war und ist auch weiterhin total ok.
Des Weiteren haben wir Bücher (2 Buchempfehlungen am Ende des Beitrags) rund um Schwangerschaft und Geburt einfach ins Wohnzimmer auf die Couch gelegt und mal geschaut, was so passiert. Nach ein paar Wochen hat sie angefangen darin zu blättern und Fragen zu stellen :) So, wie Fragen kamen, haben wir, natürlich altersentsprechend, geantwortet.
Wenn Arzttermine anstanden, haben wir sie gefragt, ob sie mitkommen möchte. Jederzeit mit der Möglichkeit, dass sie mit dem Papa das Sprechzimmer verlassen kann, wenn es ihr zu viel wird.
Vor ein paar Wochen stand dann eine Bestellung von etwas Babykleidung an. So, wie für ihre Schwerster Dinge im Warenkorb landeten, durfte auch sie für sich ein paar schöne Dinge auswählen und dazu noch etwas für ihre Schwester.
… die Verbindung wurde intensiver
… Wut sowie Unsicherheit nahmen immer weiter ab und wandelten sich in Vorfreude
Vor ein paar Tagen durfte sie dann das erste Outfit für unsere Erbse zusammenstellen und auch hinsichtlich des Namens haben wir sie nun einbezogen.
Jetzt ist der Knoten geplatzt.
Was haben wir noch gemacht?
Wir haben den Alltag Alltag sein lassen, also nichts weiter verändert, denn Abläufe, wie das morgendliche Aufstehen, gemeinsame Frühstücksvorbereitung und in den Kindergarten gehen gibt ihr genauso Halt, wie die tägliche Absprache, wer wann kommt, um sie abzuholen.
Wir planen gemeinsam den Nachmittag und freuen uns auf unsere gemeinsame Zeit.
Bedenken und “was wäre, wenn” - dem lassen wir nicht mehr wirklich Raum, denn wie du wohl auch selbst schon oft erfahren hast…
... es kommt meist anders, als man denkt :)
in Liebe verbunden
Adina
Welche Bücher bei uns eingezogen sind?
Bald bin ich da!: 40 Briefe für eine liebevolle Geschwisterbeziehung, Katrin Michel
Wie geht Geburt, Anna Möllerz
Zwei unheimlich liebevoll gestaltete Bücher, die ich dir gern ans Herz legen möchte.
Kleiner Hinweis am Rande: Ich habe sie selbst gekauft und bezahlt.